ADHS im Erwachsenenalter


ADHS - als neurologische und genetisch bedingte Besonderheit - hat mutmaßlich nicht zugenommen, es wird heutzutage nur weitaus häufiger diagnostiziert, da die Therapeuten Mehraufwand die Symptome achten. ADHS gab es aber auch schon vor 20, 30, 40 Jahren, nur waren die Kinder damals auf sich alleine gestellt, galten als faul, schwierig, nervig, lästig, laut, unkonzentriert, verträumt oder manchmal auch einfach nur als dumm. Anstatt ihnen in einer neurotypischen Welt zu helfen, wurden sie abgestempelt - und lernten schließlich mühsam auf eigene Faust, Strategien zu entwickeln, ihr Anderssein zu verbergen und sich anzupassen. Besonders neurodiverse Mädchen waren gut in diesem neurotypischen sogenannten „Masking“, was dazu führte, dass die Lehrmeinung noch in den Siebziger Jahren davon ausging, dass nur Jungen ADHS bekommen können, und dass Mädchen mit Asperger eine absolute Ausnahme seien. Nein - sie konnten ihre Verwirrung und ihre Verlorenheit in einer neurotypischen Welt nur geschickter verbergen, doch die Schuldgefühle, mit ihrem So-Sein allen nur zur Last zu fallen, tragen sie meist bis ins Erwachsenenalter mit hinein. Ebenso ihr „Masking“.

Und da ADHS wie auch Asperger genetisch bedingt sind und somit oft an die Kinder weitervererbt wird, wird es oft erstmals bei den Kindern durch aufmerksame Pädadgogen, Kinderärzten und Therpeuten vermutet und diagnostiziert. Und in diesem Zusammenhang fällt es dem betroffenen Elternteil dann manchmal wie Schuppen von den Augen: „Oh mein Gott - das kenne ich doch von mir selbst! Mein Kind hat das von mir?!“ Die Erkenntnis kommt meist völlig unerwartet und es brechen die alten Schuldgefühle von früher wieder auf, manchmal so heftig, dass es zu einer sogenannten depressiven Reaktion, der sogenannten Schulddepression kommen kann. Doch auch wenn es zu keiner depressiven Reaktion kommt, so sind Verwirrung und Verunsicherung („kann das denn sein??“) meist groß und sehr belastend. Einige therapeutische Sitzungen in einer hierauf spezialisierten Praxis können hier eine große Erleichterung sein.