Buchtipps zur Selbsthilfe bei einigen typischen Problemen


Ich werde immer wieder nach Selbsthilfebüchern und Buchtipps gefragt, wenn es ums Thema Beziehungen geht. Und es sind auch immer wieder die gleichen Problematiken, die für Beziehungsschwierigkeiten sorgen – insofern denke ich, dass eine Rubrik mit Buchtipps tatsächlich sehr hilfreich sein kann. Denn der Dschungel an Beziehungsratgebern ist schier unüberschaubar, so dass es sehr mühsam werden kann, in der ganzen Masse wirklich fundierte und hilfreiche Ratgeber zu finden. Darum möchte ich Ihnen hier eine erste Orientierung geben mit Büchern, die mir durch ihre tiefenpsychologisch fundierte Ausrichtung und klare, verständliche Sprache sehr positiv aufgefallen sind. 

Eva Daniels „Geliebter Fremder - wie Frauen ihren Asperger-Mann lieben und verstehen“
Dieses Buch liegt mir besonders am Herzen, denn immer wieder habe ich Klienten in der Einzel-Berziehungsberatung, die verzweifelt um die Beziehung kämpfen und am Ende ihrer Kraft sind. In den sozialen Medien hätten sie gelesen, dass ihre Beziehung „toxisch“ sei und Ihr Partner „Narzißt“, denn er besäße überhaupt keine Empathie und würde einfach immer nur „sein Ding durchziehen“, ohne Rücksicht auf Verluste. Es gäbe erhebliche Mängel in der Kommunikation der Beziehung, ein gegenseitiges Verständnis sei einfach nicht möglich, da sei wie eine „Mauer“ um den Partner, der gemäß der vielen Laienartikel in den sozialen Medien offenbar ein Narzißt und die Beziehung toxisch sei.
Möglich – aber möglicherweise auch vollkommen falsch, denn oft steckt etwas vollkommen anderes dahinter: ein bislang nicht diagnostizierter Asperger-Autismus, der in seinen leichteren Ausprägungen oft bis ins höher Erwachsenenalter unentdeckt bleibt und sich lediglich in nahen Beziehungen zeigt, die irgendwie einfach nicht richtig „rund“ laufen und am Ende oft scheitern, unter großer Verzweiflung beider Beteiligter. 
Asperger-Autisten sind meist normal bis überdurchschnittlich intelligent, beruflich oft sehr erfolgreich, häufig in technischen und etwas „nerdigen“ Berufen tätig – und ihr „Anderssein“ zeigt sich oft nur in sozialen Kontakten und engen Beziehungen, in denen sich immer wieder Schwierigkeiten zeigen bezüglich Kommunikation und Einfühlungsvermögen. Und genau hier kommt es oft zur folgenschwere Verwechslung mit einem Narzißten: ein Narzißt kann sich sogar ausgezeichnet in sein Gegenüber einfühlen – und nutzt dies zur Manipulation, um seine Belange durchzusetzen. 
Ein Asperger-Autist dagegen KANN sich nicht oder nur sehr bedingt in sein Gegenüber einfühlen; er kann Körpersprache, Mimik und Andeutungen nicht intuitiv erfassen, und das Verhalten seines Gegenübers ist für ihn deshalb oft genauso ein Rätsel wie umgekehrt seine Reaktionen für seine Mitmenschen. 
Manipulation ist ihm darum auch schlichtweg kaum möglich, weil ihm das ganze Konzept und auch der Sinn von Manipulation fremd ist – ebenso wenig merkt er es, wenn sein Gegenüber versucht, ihn zu manipulieren. Dies ist vermutlich der größte Unterschied zu einem Narzißten: ein „Aspie“, wie sich die Betroffenen selbst gerne nennen, kann sich nicht verstellen, noch nicht einmal dann, wenn es höflich oder angebracht wäre, dies zu tun. Er ist immer authentisch, auch um den Preis, andere vor den Kopf zu stoßen. Führt dies dann – natürlich – zu Problemen in engen Beziehungen, steht er ratlos davor. Er war doch nur ehrlich! Die Reaktionen seiner Mitmenschen auf sein So-Sein sind ihm immer wieder ein Rätsel – und da er nicht nachvollziehen kann, dass andere Menschen in der gleichen Situation auch anders hätten handeln können, was ihm eben nicht möglich ist, kann er dies selbst dann nicht verstehen wenn man es ihm sagt – derartige Wahlmöglichkeiten kommen in seiner Welt einfach nicht vor, und so kommt es immer wieder zu Mißverständnissen und Schwierigkeiten in engen Beziehungen, und frustrierter Verzweiflung auf beiden Seiten. 
Asperger-Autismus ist KEINE psychische Erkrankung sondern eine angeborene neurologische Besonderheit, deren Ursache noch nicht wirklich ausreichend erforscht und die auch nicht behebbar ist. 
Das Buch „geliebter Fremder“ ist ein leicht verständlicher Ratgeber, der behutsam und nachvollziehbar Einblick in das Denken und Fühlen von Asperger-Autisten gibt. Ich glaube, ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass es für betroffene Paare eine lebens- und beziehungsverändernde Wirkung haben kann, weil es vielleicht zum ersten Mal ein wirklich umfassendes gegenseitiges Verstehen ermöglichen kann. 
Eine Beziehung zwischen einem Asperger-Autisten und einem „neurotypischen“ Menschen wird jedoch wohl immer sehr schwierig bleiben – auch darüber gibt das Buch offen und einfühlsam Auskunft.

„Wenn Frauen zu sehr lieben – die heimliche Sucht, gebraucht zu werden“ von Robin Norwood ist bereits seit Jahren ein Bestseller, und das verwundert nicht, wenn man bedenkt, wie häufig diese Konstellation im Rahmen der Nähe-Distanz-Problematik ist – denn sehr oft sind es tatsächlich Frauen, die einen emotional eher distanzierten Mann zu ihrem Lebensmittelpunkt machen und sich selbst in der Beziehung „verlieren“, bis hin zur Selbstaufgabe und schließlich sogar dem Vollbild einer Depression. Im ersten Teil des Buches sind sehr einfühlsam Fallbeispiele beschrieben, in denen sich die betroffenen Frauen wiedererkennen können, und es werden aus psychologischer Sicht die Wurzeln dieses immer wiederkehrenden Beziehungsmusters aufgedeckt; und im zweiten Teil wird dann der mögliche und leider auch mühsame Weg heraus aus dieser Beziehungsfalle beschrieben.

Eine sehr ähnliche und zum Teil auch überlappende Konstellation beschreibt Bärbel Wardetzki in ihrem Buch „Weiblicher Narzißmus – der Hunger nach Anerkennung“. Der Begriff Narzißmus ist ja in letzter Zeit ziemlich in Mode gekommen, beschreibt allerdings meist eine ganz andere, nämlich die klassische „männliche“ Form. Die Partnerinnen dieser Männer, die sich in ihrer Persönlichkeitsstruktur erstaunlich ähneln,  werden in der Fachliteratur meist als „Komplementär-Narzißten“ beschrieben (z.B. im Rahmen der narzißtischen Paarkollusion von Jürg Willi). Daraus eine „weibliche Form“ des Narzißmus zu machen mit dem Gedanken, dass bei beiden Formen im Prinzip die gleichen Ursachen zugrunde liegen (u.a. mangelnder Selbstwert), hat sich in der psychotherapeutischen Fachliteratur noch nicht durchgesetzt, ist jedoch ein sehr interessanter Gedanke, der die Frauen aus ihrer passiven „Opferrolle“ herausholt („warum gerate ich immer wieder an den falschen Mann?“) und Ihnen dadurch ihre Handlungsfreiheit wiedergibt („was kann ich ändern, damit ich mir nicht immer wieder einen Mann aussuche, der mir nicht gut tut?“). Sehr gut und verständlich geschrieben und doch auch für Fachleute lesenswert.

Die solchen und ähnlichen Beziehungsmustern zugrundeliegende Nähe-Distanz-Problemtik wird sehr gut (und diesmal geschlechtsneutral) in dem Buch „Ich lieb dich nicht, wenn Du mich liebst“ von Dean C. Delis u d Cassandra Phillips beschrieben. Hier wird auch verdeutlicht, dass die komplementären Rollen desjenigen, der in einer Beziehung mehr liebt und somit mehr und mehr klammert und desjenigen, der weniger liebt und somit mehr und mehr ausweicht, austauschbar sein können. 

„Wege aus der Abhängigkeit – belastende Beziehungen überwinden“ von Heinz-Peter Röhr behandelt das große Thema emotional abhängige Beziehungen – also auch wieder eine große Überschneidung zu den oben dargestellten Themen. Hier wird jedoch insbesondere auf die abhängige Persönlichkeitsstruktur der Betroffenen eingegangen und ihre Wurzeln sowie die Heilungsmöglichkeiten beleuchtet. Auch dieses Buch gründet auf einem tiefenpsychologisch-analytischen Ansatz und ist trotz fundiertem Fachwissen sehr allgemeinverständlich und einfühlsam geschrieben.

„Wer bin ich ohne Dich? Warum Frauen depressiv werden – und wie sie zu sich selbst finden“ von Ursula Nuber ist ebenfalls wieder ein Buch über Frauen, die sich in ihren Beziehungen verlieren und sich selbst und ihre Bedürfnisse aufgeben, was nicht wenige von ihnen am Ende sogar in eine Depression führen kann. 

Nach den vielen Beziehungsratgebern mit dem Schwerpunkt Frauen nun mal ein Buch über Männer und wie diese ticken: „Männerseelen – ein psychologischer Reiseführer“ von Björn Süfke. Kein Beziehungsratgeber im eigentlichen Sinne, aber wie der Titel ja bereits verspricht, ein sehr gut geschriebener Reiseführer in die eben oft verborgene emotionale Welt der Männer.

Ich mag die Bücher von Michael Mary, die das Thema Paartherapie auf gut und verständlich geschriebene Weise weniger tiefenpsychologisch als eher pragmatisch beschreiben - und mit einer sehr erfrischenden Message: einfach mal aufhören, darauf zu schauen, was alles in der Beziehung nach Abklingen der Verliebtheit nicht mehr geht - sondern neugierig schauen, welch einzigartige Beziehung sich zwischen den zwei betreffenden Menschen gebildet hat, und diese ausloten. Was ist alles möglich in dieser ganz eigenen, einzigartigen, sich immer weiter verändernden Beziehung? Und was macht sie wertvoll, auch wenn sie nicht alle Bedürfnisse beider Partner uneingeschränkt erfüllen kann? Denn dies kann keine Beziehung, und genau an dieser Überforderung gehen so viele Beziehungen vorzeitig zugrunde.